Ein neuer Feiertag – nur welcher? Warum ich für den ‚Tag der Befreiung‘ stimmen werde

Es gibt sicherlich in diesen Tagen und Wochen wichtigere politische Ereignisse als die Abstimmung darüber, welchen neuen gesetzlichen Feiertag wir in Hamburg bekommen sollten.

Dass fraktionsübergreifend und auch in anderen norddeutschen Bundesländern Konsens darüber besteht, einen solchen Feiertag einzuführen, ist absolut begrüßenswert. Gerade vor dem Hintergrund, dass auch im Norden der Republik Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen berechtigten Anspruch auf einen zusätzlichen Tag des Innehaltens haben sollten.

Ebenfalls positiv ist das Verfahren, in dem der Feiertag festgelegt werden soll. Im Parlament wird sich jede/r Abgeordnete/r ohne Fraktionszwänge in einem transparenten Abstimmungsprozess für einen der Vorschläge entscheiden. In der Hamburgischen Bürgerschaft werden wir dies am kommenden Mittwoch tun.

Für alle vorliegenden Vorschläge – den Weltfrauentag am 8. März, den Tag der Befreiung am 8. Mai, den Tag der Grundgesetzverkündung am 23. Mai und den Reformationstag am 31. Oktober – gibt es nachvollziehbare Argumente und es wäre wünschenswert, dass die mit diesen Tagen verbundenen historischen Bezüge und Werte stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein rücken.

Eine Mehrheit der Abgeordneten hat sich nun bereits in einem Gruppenantrag für den 31. Oktober – dem Reformationstag – als neuen Feiertag ausgesprochen.

Auch wenn ich als nichtreligiöser Mensch – wie wohl die meisten Menschen – mit dem Datum bis zum letzten Jahr, in dem das 500-jährige Reformations-Jubiläum gefeiert wurde, wenig verbunden habe, sehe ich natürlich die Bedeutung, die die Reformation auf viele Bereiche des politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens gehabt hat.

In dem Antrag für den Reformations-Tag wird u.a. argumentiert, dass dieser Feiertag zwangsläufig auch einen norddeutschen Bezug haben müsste. Andere Tage, wie bspw. der ‚Tag der Befreiung‘ oder der ‚Tag der Grundgesetzverkündung‘ – würden die Diskussion auslösen, warum nur Hamburg diese als Feiertag begeht und nicht der Rest der Republik.
Für mich steht bei der Abstimmung aber nicht zuerst im Vordergrund, wie ein Feiertag am besten „im Norden“ zu koordinieren wäre, sondern die Frage danach, welche „Botschaft“ durch einen gesetzlichen Feiertag vermittelt werden sollte.

Aus meiner Sicht sind es gerade der 9. November, mit dem u.a. der Fall der Mauer oder die Reichspogromnacht untrennbar verbunden sind, oder auch die Mai-Tage, in denen Deutschland von der NS-Herrschaft befreit wurde, die Anlass geben sollten, an diesen Tagen innezuhalten, sich zu erinnern und vor allem zu sehen, wo wir jetzt stehen, was wir aus der Geschichte gelernt haben und zu welchen gesellschaftlichen und politischen Aufträgen uns diese historischen Ereignisse verpflichten. Warum sollte Hamburg also hier nicht vorangehen?

So legitim die Bemühungen für einen weiteren religiösen Feiertag – ob nun reformatorisch oder interreligiös – auch sein mögen: Aus meiner Sicht ist es angesichts dramatischer demokratiefeindlicher Entwicklungen weltweit und in Europa sowie durch die auch national zu beobachtende Zunahme an Extremismus, Populismus, Intoleranz und Diffamierungen dringender denn je geboten, starke Zeichen dagegen zu setzen und nicht schweigend zuzusehen, wie sich Entwicklungen von früher wiederholen.

Natürlich bin ich auch in besonderer Weise durch meine Familiengeschichte geprägt, da mein Großvater als Überlebender der Konzentrationslager Sachenhausen und Neuengamme Zeit seines Lebens gegen das Vergessen und dafür gekämpft hat, dass die Gesellschaft wachsam bleibt, damit sich die NS-Schrecken niemals wiederholen.

Aber, wie wachsam sind wir heutzutage? Sind nicht mittlerweile wieder dumpfe Parolen an (viel zu) vielen Ecken (und vor allem in zig Foren) zu vernehmen? Wird nicht sogar mit einer gewissen – vielleicht auch naiven – Gleichgültigkeit davon ausgegangen, dass die Populisten, Hetzer und Vereinfacher irgendwann wieder verschwinden oder die Empfänglichkeit der Bürgerinnen und Bürger dafür nachlässt?

Ich werde daher, wie mein Fraktionskollege Uwe Giffei, für den 8. Mai stimmen, den Tag, an dem wir von der NS-Herrschaft befreit wurden. Der Tag, der zudem den Weg freimachte, dass sich unser Land demokratisch, freiheitlich und friedlich neu aufbauen konnte. Sich dessen zu vergegenwärtigen, ist heute wichtiger denn je. Ein Blick in die täglichen Nachrichten zeigt warum!

Jetzt Artikel teilen:

Weitere interessante Artikel

AWO Eimsbüttel mit neuem Vorstand

Gestern durfte ich beim Niendorfer AWO-Aktivtreff am Tibarg die Wahlversammlung der AWO Eimsbüttel leiten. Herzlichen Glückwunsch an den neuen Kreisvorsitzenden Gabor Gottlieb, der einstimmig gewählt

Weiterlesen »

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklären Sie sich damit einverstanden.

Schließen